Der erste Wettkampftag war für mich persönlich trotz Teamgold und toller Leistung meiner Teamkameraden, eine Enttäuschung. Umso interessanter, was am Tag danach geschah.
Die Kurzdistanz und die tolle Leistung der Juniorinnen
Am Freitag stand für alle U23er noch die Kurzdistanz über 10m auf dem Programm. Gestartet haben die Juniorinnen am Morgen früh, um 12 Uhr ging’s dann mit den Junioren weiter.
Ich ging zum Ende des Wettkampfes der Juniorinnen auf den Schiessplatz. Dort bot sich mir ein erfreulicher Anblick. Unsere Mädels schossen wirklich ausgezeichnete Wettkämpfe. Joelle Baumgartner schoss im Vorprogramm 385, Tamara Menzi 386 und Moni Hurschler gar 389.
Somit reichte es Moni Hurschler und Tamara Menzi für den Final. Tamara rutschte dabei als achte rein, Moni durfte sich auf dem dritten Zwischenrang auf einen harten Kampf um Medaillen gefasst machen.
Und den lieferte sie uns. Ach, es war so Schade dass es nicht klappte! Moni schoss wirklich einen tollen Final aber schlussendlich gab es leider einen verdammt fiesen vierten Platz. Wir hätten es ihr so gegönnt. Aber die Wettkampfbedingungen bei den Juniorinnen sind halt einfach knüppelhart.
Mit dem Team erreichten die U23-Frauen den Bronze-Platz. Wenn die sich weiterhin so steigern, wird vermutlich schon bald mal die deutsche Dominanz gebrochen.

Mein ganz persönliches Erfolgserlebnis der Superlative
Vermutlich habe ich das schon irgendwo mal erwähnt: Ich bin ja nicht ein sonderlich guter Finalschütze (oder besser: Ich habe noch Potenzial und darf mich weiterhin verbessern, ich denke ja positiv und in Lösungen und nicht in Problemen).
Jedenfalls ist es nüchtern betrachtet halt oft so, dass ich in den meisten Finalschiessen Punkte einbüsse. Wenn ich dann trotzdem noch gewinne, dann weil ich im Vorprogramm oft einen kleinen Vorsprung herausgeholt habe.
Heute war das jedoch mal anders. Es war nicht ein wahnsinniges ultrasuperduper Resultat, beeindrucken tut man damit wohl kaum einen erfahrenen Schützen. Aber mich selbst hat es beeindruckt und auch einen wesentlichen Schritt weitergebracht.
Doch beginnen wir von vorne.
Nach dem Qualifikationswettkampf der Juniorinnen kamen die Junioren dran. Wir starteten zu viert. Ich, Joel Brüschweiler und Roman Gohl im Team, Mirco Steiner als Einzelstarter.
Es ist interessant aber so wie es scheint, kann ich mein Leistungsoptimum immer nach kleinen Tauchern (Donnerstag) abrufen. Ich hatte schon lange nicht mehr einen solchen wettkämpferischen Spass am 10m-Schiessen wie an diesem Tag! Ich konnte mich somit über gute 388 Punkte im Vorprogramm freuen. Das ist vielleicht nicht gerade ein Resultat das international neue Massstäbe setzt, ich war aber mit dem Wettkampf überaus zufrieden. Die Chemie stimmte und mit diesem Feeling wären auch noch ein paar Ringe mehr möglich gewesen.
Mit diesem Resultat durfte ich dann punktgleich hinter Manuel Wittmann als Zweiter im Final starten. Dieser fand direkt nach dem Final der Juniorinnen statt (welcher wiederum nach der Quali der Junioren stattfand).
Der Final danach war für mich irgendwas zwischen reinster Tortur und dem unbändigen Willen, mal was in einem Final zu gewinnen, wie ein Neuling beim Marathon, der sich auf den letzten 5 Kilometern erschöpft ins Ziel schleppt und immer weiterkämpft. Und ich habe mich erfolgreich ins Ziel geschleppt! Louis Fürst aus Deutschland hat mich zwar auf den letzten Metern im Sprint noch überholt, die Anderen konnte ich jedoch (knapp) hinter mir lassen. Einen Ring weniger und es hätte ein vierfaches Shoot-Off um Silber und Bronze gegeben. Glücklicherweise konnte ich mich da raushalten, vermutlich wäre ich zusammengekippt. Der Schweiss brannte mir eh schon in den Augen.
Yes, Vizeweltmeister in meiner Zweitdisziplin!
In so einem Moment weisst du wieder, wieso du das machst. Ich habe Roland Marti noch nie so jubeln gesehen. Der kennt ja als Trainer meine verbesserungswürdigen Leistungen im Finalschiessen Bestens. Unglaublich, ich würde so einiges hergeben um diese paar Minuten nochmals zu erleben. Ein erkämpfter Titel ist halt immer noch ein wesentlich Schönerer als ein Geschenkter, wie ich wieder mal merken musste.
Auch mit dem Team konnten wir einen Plämpu abholen. Auch dort war die Entscheidung enorm knapp. Um einen Punkt konnten wir uns von den Österreichern absetzen und haben somit Silber geholt. Super Jungs!
Gewonnen hat natürlich mal wieder Deutschland 😉
Einen hätte ich hier beinahe noch vergessen! Unser WM-Neuling und mein WM-Vorbereitungs-Trainingspartner (wir opferten einige unserer Ferientage um gemeinsam zu trainieren) Mirco Steiner schoss im Wettkampf eine neue persönliche Bestleistung und katapultierte sich damit direkt in den Final der besten Acht. Auch dort schoss er ein hervorragendes Resultat und beendete den Wettkampf auf Platz 6. GG, Mirco!
Team-Silber für das Schweizer Elite-Team
Am Freitag holte das Schweizer Elite-Team Silber im Team-Wettbewerb auf 30m.

Jürg Ebnöther gewann am Samstag die Kniend-Bronzemedaille im Einzelwettkampf.

It’s done
Somit war es geschehen. Die Wettkämpfe waren für die U23 am Freitagabned beendet.
Um auf die letzten beiden Tage anzustossen, gingen wir miteinander essen. Leider begann ich zu kränkeln (vermutlich hat mich der Final gekillt 🙂 ) und der Abend wurde für mich eher früher als gewollt beendet. Ich kriegte lediglich einen Salat runter. Wenn man in einem All you can eat Restaurant ist, ist das schon relativ doof. Oder hat jemand von euch schon mal einen 33€-Salat gehabt?
Am darauffolgenden Tag konnte ich mit Medikamenten und viel Schlaf wieder einigermassen frisch gemacht werden, somit konnten wir am frühen Nachmittag dem Finale der Open Class beiwohnen.
Am Abend fand das Bankett mit Siegerehrung im Steigenberger Airport Hotel statt. Ein gelungener Anlass (manchmal jedoch etwas langatmig) mit vielen Medaillen und ausgelassener Stimmung.
Danke!
Danken möchte ich meinen Teamkameraden und den Schützen für die tollen Wettkämpfe und die vielen unvergesslichen Momente.
Dem Fan-Konvoi: Röbi Menzi, Andy Frey und meinen Eltern.
Danken möchte ich jedoch vor allem unserem U23-Trainer Roland Marti und seinem Assistenztrainer Dominic Niederberger! Ihr wart in absolut jeder Situation bereit und zur Stelle sodass sich die Athleten auf das Wesentliche konzentrieren konnten. Ihr macht das wirklich toll. Danke!


Rückblick und Ausblick
Für mich geht ein Teil meiner jungen Schiesskarriere zu Ende. Nächstes Jahr werde ich nicht mehr bei der U23 starten (wäre ich doch nur 5 Tage später geboren worden!).
Ich durfte in den letzten drei Jahren an zwei Weltmeisterschaften, einer Europameisterschaft und vielen internationalen Wettkämpfen Erfahrungen und Trophäen sammeln.
Dabei hamsterte ich 4 Gold-Medaillen, 4 Silber-Medaillen und eine Bronze-Medaille an diesen drei Titelwettkämpfen (neben vielen weiteren Medaillen an Schweizer Meisterschaften und internationalen Wettkämpfen) . Vier von diesen neun Medaillen sind Einzelmedaillen. Welche mir davon am Meisten bedeutet, ist schwierig zu sagen. Irgendwie steckt hinter jeder Medaille eine kleine Geschichte. Am meisten Emotionen verbinde ich jedoch mit der Kniend-Goldmedaille im 30m an der letztjährigen EM in Innsbruck und der Silber-Medaille im 10m heuer in Frankfurt.
Gewonnen habe ich auch viele tolle Freundschaften in der Schützenfamilie.
Die Geschichte ist jedoch noch nicht zu Ende. Einige Trophäen fehlen mir noch. In den nächsten Jahren wird es um einiges härter. Aber an starker Konkurrenz kann man nichts anderes als wachsen. Ich freue mich und hoffe, dass ich mich in den nächsten Jahren bei der Open Class etablieren kann.
Übrigens: Es ist ja noch nicht offiziell, aber die nächste WM soll ja irgendwo in Sibirien stattfinden. Das wird ja spannend 😉
Ich hoffe der Blog war einigermassen spannend für euch. Vielen vielen Dank für die vielen positiven Rückmeldungen! Bis bald
Jonas